Dr. Martin Streich, Vorsitzender SPD-Stadtverband Fröndenberg
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Mehr Ehrlichkeit in der Politik – die zweite – oder: ein kleiner Faktencheck
Endlich ist es geschafft: Fröndenberg hat einen beschlossenen Haushalt !
Sich aber jetzt zufrieden zurückzulehnen und zu meinen, alles wäre jetzt gut, dazu gibt es allerdings wenig Anlass: Die zustande gekommene Einigung hat den Haken, dass die Stadt die Einnahmen, die ihr jetzt fehlen, durch umso höhere Kassenkredite ausgleichen muss, also sozusagen umso höher „in den Dispo“ gehen muss. Und diese Schulden sind unser aller Schulden, die wir im Laufe der Zeit irgendwie werden zurückzahlen müssen. Im Ergebnis wird das sicher nicht billiger.
Vorausgegangen war eine Zeit des finanziellen Schwebezustandes, der zwar hoffen lässt, das wir – wenn auch deutlich verspätet – einen genehmigten Haushalt bekommen werden. Aber, wie am Tag nach der Sitzung in einem Zeitungskommentar zu lesen war: „In einem guten halben Jahr steht die nächste Diskussion um Steuererhöhungen ins Haus“ Und die Hoffnung, dass diese Diskussion „von allen Seiten sachlicher geführt“ werden möge, kann man nur unterstreichen, die Skepsis der Kommentatorin muss man leider auch teilen, nicht zuletzt angesichts einiger Diskussionsbeiträge, die in der Sitzung abgegeben wurden.
Die Beurteilung der Streitkultur um die Thematik der Grundsteueranhebung vor allem in den sogenannten sozialen Netzwerken als unterirdisch ist sicher zutreffend, es muss aber auch festgestellt werden, dass von Seiten der SPD niemand aus der Fraktion, den Vorständen der Ortsvereine oder des Stadtverbandes sich daran beteiligt hat! Soweit die SPD hier gemeint war, ist dieser Vorwurf sicher nicht gerechtfertigt.
Nun aber zu dem in der Überschrift versprochenen Faktencheck:
In dem ersten durch den Kämmerer eingebrachten Haushaltsentwurf wurde eine Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auf 775 % als notwendig erachtet.
In der Haushaltsklausur der SPD am 13. / 14. November 2015 wurde der Vorschlag einer Anhebung auf 695 Punkte mit der Verwaltung besprochen, der sich seitens des Kämmerers als machbar bei einer tragbaren Erhöhung der Kassenkredite um lediglich rd. 70000 Euro darstellen ließ. Dieser Hebesatz lag daher auch der entsprechenden Vorlage für die Ratssitzung am 9. Dezember zugrunde. (siehe https://sessionnet.krz.de/froendenberg_ruhr/bi/vo0050.asp?__kvonr=2116&voselect=413 )
Die von der CDU in ihrer Anzeige in Stadtspiegel und in der Tagespresse so bezeichnete „vom Bürgermeister geplante und von der SPD unterstützte“ Erhöhung auf 775 Punkte war nie Position der SPD und wie erwähnt ja schon durch die Beschlussvorlage der Verwaltung für die Dezembersitzung überholt.
Ein eigener Beschlussantrag der CDU lag im Dezember nicht vor, was letztlich dazu führte, dass der Haushalt nicht beschlossen werden konnte und die Stadt in den Zustand einer vorläufigen Haushaltsführung geriet.
Von Seiten der CDU-Fraktion wurde und wird die „Streichung der Referentenstelle“ gefordert.
Hierzu kann man dem Vorsitzenden der Grünen-Fraktion mit der Aussage „Ich stehe gar nicht auf den Spießrutenlauf für einzelne Stellen des Hauses“ nur beipflichten. So etwas gehört sich einfach nicht.
Aber zurück zum versprochenen Faktencheck:
Nicht zum ersten Mal wurde von Seiten der CDU-Fraktionsspitze das leuchtende Beispiel der Stadt Bergneustadt erwähnt, einer „Stadt mit gut 30000 Einwohnern, bei der Bürgermeister und Beigeordneter nur eine gemeinsame Sekretärin haben.“
Nun gibt es zum Glück nicht nur Plattformen bei Facebook, wo man ungeprüft irgendwelche Aussagen Gleichgesinnter „liken“ und ebenso auf die vermeintlichen Gegner in Kurzstatements eindreschen kann, nein, es gibt auch noch das gute alte Internet, wo man sich schlau machen kann, wenn man das will.
Da gibt es beispielsweise bei Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Bergneustadt) einen Eintrag, aus dem man etwa die Information entnehmen kann, dass Bergneustadt nicht größer ist als Fröndenberg, sondern – Stand Ende 2014 – nur 18865 Einwohner hat (Tendenz fallend), also kleiner ist als unsere Kommune.
Unter dem Stichwort Finanzen findet man den Grundsteuerhebesatz von 995 Punkten und die Aussage, dass Bergneustadt überschuldet ist und zu den finanzschwächsten Kommunen in NRW gehört.
Da wäre nun die Behauptung, Bürgermeister und Beigeordneter hätten gemeinsam nur eine Sekretärin als naheliegender Beitrag zu nötigen Einsparungen zu verstehen.
Außer Wikipedia gibt es im Internet aber auch noch viele andere Möglichkeiten, sich schlau zu machen.
Eine naheliegende wäre da beispielsweise die Homepage der Stadt. Da findet man z.B. auch einen Organisationsplan der Verwaltung: http://bergneustadt.de/fileadmin/ortsrecht_leseversion/allgemeine_verwaltung/Orga_plan_02.pdf
Und da findet man einen dem Bürgermeister zugeordneten Aufgabenbereich „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“.
Im Orgaplan sind vier Fachbereiche aufgeführt, der Kämmerer hat seinen eigenen Fachbereich, während in Fröndenberg der Beigeordnete diese Aufgabe in Personalunion mit übernimmt.
Außerdem gibt es auf der Homepage einen Plan des Rathauses, damit man die gesuchten Ansprechpartner leichter findet :http://www.stadt-bergneustadt.de/fileadmin/rathaus/rathaus_02.pdf
Auf Ebene 3 findet man hier den Bürgermeister, den allgemeinen Vertreter (vermutlich entsprechend unserem Beigeordneten) und den Referenten für Presse-und Öffentlichkeit, der in Personalunion Leiter des Fachbereiches 1 (Zentrale Dienste) ist. Und zu jedem der drei Büros gibt es ein Vorzimmer mit Mitarbeiterinnen, die auch in der Telefonliste aufgeführt sind, also offenbar tatsächlich existieren: http://www.stadt-bergneustadt.de/fileadmin/rathaus/telefonliste_02.pdf
Wenn man im Hinblick auf Einsparungsmöglichkeiten einen Vergleich zu Fröndenberg ziehen möchte, dann fällt bei genauerem Hinsehen auf, dass bei uns schon viele Bereiche eingespart oder umorganisiert sind und dass in Fröndenberg schon viele Bereiche ehrenamtlich mit und mit nur sparsamer Unterstützung seitens des Stadtsäckels wahrgenommen werden:
so gibt es in Bergneustadt noch eine Stadtbücherei mit drei hauptamtlichen Mitarbeitern, Internet und Kopierern, (http://buecherei-bergneustadt.oberberg.de/index.php?id=30)
es gibt vier Grundschulen, eine Hauptschule, eine Realschule und ein Gymnasium, es gibt eine städtische Musikschule, einen städtischen Baubetriebshof.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die aufgezählten Einrichtungen sollten in einem Kulturland wie unserem durchaus zur Verfügung stehen und es ist höchst bedauerlich, dass die Kommunen nicht nur in NRW am Rande des finanziellen Notstandes stehen.
Und volkswirtschaftlich betrachtet ist der vielfach marode Zustand der öffentlichen Infrastruktur in Deutschland angesichts des eigentlich nötigen Investitionsbedarfs auch eine Art von Verschuldung.
Vor dem Hintergrund der in Fröndenberg bereits in den vergangenen Jahren erfolgten Sparmaßnahmen in Verwaltung und öffentlicher Infrastruktur, angesichts auch der vielfach fast nur noch durch Ehrenamtler am Leben erhaltenen Vielfalt in Kultur und Brauchtumspflege kann man aber insbesondere von Fraktionsmitgliedern, die selbst in einer öffentlichen Verwaltung arbeiten, wohl erwarten, dass nicht nur unspezifizierte Sparappelle an Bürgermeister und Verwaltung gerichtet werden, sondern, dass dann auch konkret vorgeschlagen wird, was und wo eingespart werden soll!
Und im Personalbereich darf dabei eines auch nicht außer acht gelassen werden: Gute Mitarbeiter muss man angemessen bezahlen, sonst sehen sie sich anderswo um. Und gerade die Tüchtigsten ist man dann schnell los!
In den Zeiten des Internets, in denen Informationen schnell und ohne Überprüfung verbreitet und für eigene Zwecke instrumentalisiert werden können, ist eine kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten wichtiger denn je. Man sollte daher nicht alles glauben, was auf die Schnelle so gepostet wird, sondern auch den Wahrheitsgehalt und die Intention hinterfragen. Und wenn der Inhalt eines Beitrages dann vielleicht nicht stimmt, dann gilt eben der bekannte Satz von Goethe: „So fühlt man Absicht, und man ist verstimmt.“